Es gab in Laureles, dieser wohlhabenden Einfamillenhausgegend im Westen von Medellín, immer auch einige Gebäude mit Eigentumswohnungen. Ein besonders gelungenes heißt sogar schlicht und selbstbewußt Edificio Laureles (Laureles-Gebäude). Es ist ein dreigeschossiger Eckbau mit Flächen sandfarben gemaserter glatter Steinverkleidung zwischen den Geschossen und vor dem Dach, vertikal angebrachten Streifen ähnlicher Farbe zwischen den leicht zurückgesetzten Fenstern und kleinen Bändern aus kleinen quadratischen blauen Kacheln über diesen. Die Ecke ist geöffnet, indem von rechts über den zurückgesetzten Eingang Balkone ragen und links drei Stützen, die aus drei flachen Teile mit der blauen Kachelverkleidung und schmalen Fenstern mit geschwungenen Metallornamenten bestehen, zwei breite Glasflächen, durch die man eine großzügige Treppe und den grünen lnnenhof sieht, unterteilen.
Umgeben von ansteigenden Beeten, die es wie ein grüner Sockel rahmen, und durch eine Treppe in der Ecke zu erreichen, ist es, als wolle es nicht nur die beste Architektur des Stadtteils, sondern die Möglichkeit einer anderen Entwicklung vorstellen.
Aber gegenwärtig und wohl schon seit vielen Jahren, ist ein Prozeß im Gange, der die ein- oder zweigeschossigen Einfamilienhäuser aus den fünfziger, sechziger und siebziger Jahren durch Gebäude mit bis zu zwölf und mehr Geschossen ersetzt. Sie haben meist Backsteinfassaden und wirken wenig aufwendiger und kaum luxuriöser als die Wohnhochhäuser anderswo in der Stadt.
Diese neueren Gebäude sind Teil der Blockrandbebauung, ganz wie es die ihnen vorangegangenen Häuser waren und die verbliebenen sind. Dennoch ändern sie den Charakter von Laureles völlig. Die bisherige Großzügigkeit schwindet, die breiten Straßen werden zu backsteinernen Schluchten, auch wenn der Eindruck von Wohlstand durch das Fehlen von Gewerbe in den Erdgeschossen weiterbesteht.
So sieht man auffällig viele der schmucken modernen Bürgerhäuser leerstehen, manche mit großen Plakaten, die baldige hohe Neubauten bewerben,
während man hinter den schönvergitterten Fenstern noch bewohnter Häuser schüchterne Plakate gegen das „propriedad horizontal“ (horizontale Eigentum) entdecken kann.
Dieser schöne Begriff beschreibt die Eigentumswohnungen in den neuen Gebäude, die sich gemeinhin einfach Edificio (Gebäude) gefolgt von allem möglichen von Torremolinos oder Asturias bis Eslovaquia (Slowakei) oder Ucrania (Ukraine) nennen, was nebenbei zeigt, dass auf die Distanz alles exotisch und damit zum möglichen Namen für etwas Estrebenswertes wird.
An einer Backsteinwand neben einem Gebäudeeingang jedoch wird er aus teils ineinandergesetzten Metallbuchstaben geradezu zum Kunstwerk, in dem Elemente früheren Laureleser Designs weiterleben: Propriedad Horizontal Comercia.
Noch ist der Tag fern, an dem ganz Laureles aus hohen Gebäuden in Blockrandbebauung besteht und die Architektur der fünfziger bis siebziger Jahre auf die teuren Cafés und Restaurants mit internationaler Küche, die sich in manchen Häusern ansiedelten, beschränkt ist, vielleicht wird er nie kommen.
Und man kann es bedauern, daß dieses Museum einer bestimmten modernen bürgerlichen kolumbianischen Architektur ständig Kleinodien verliert, aber zu sehr doch nicht, denn, so viel es hier zu sehen gibt, Medellín, Kolumbien und die Welt brauchten und brauchen eine andere Architektur als diese.