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Hochhaus Im Dammwald

Friedrichsdorf am Rande des Taunus ist eine besondere Stadt, was nicht zuletzt daran zu erkennen ist, daß es sich mitten in sein Zentrum Wohnhochhäuser baute. Doch nicht nur dort, sondern auch am Rande gibt es Hochhäuser und das wichtigste von ihnen heißt Im Dammwald 8.

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Wiewohl von Weitem zu sehen, steht es gleichsam isoliert. Schon die Treppe, die vom Ende der Hugenottenstraße zum etwas niedriger gelegenen Wendekreis und Parkplatz vor (oder hinter) ihm führt, bereitet seine Architektur im Kleinen symbolisch vor. Waschbetonstufen, deren Lauf in der Mitte einen Knick hat, und ein graues eckiges Stahlgeländer rechts neben ihnen, einfachste funktionale Bestandteile, aber in das Grün des kurzen Hangs so wirkungsvoll gesetzt wie Villen in kalifornische Hügel.

Auf dieser Seite besteht das Hochhaus aus einem kurzen zwölfgeschossigen Querteil links und einem etwas längeren rückwärtigen Längsteil, über den die Geschosse in recht komplizierten Stufen bis zu einem noch kürzeren siebengeschossigen Querteil rechts abfallen. Im so gebildeten Hof sind die beiden Eingänge, 8a und 8b, und eine kleine Grünfläche. Im linken Winkel führt ein milchiges Treppenhausfenster nach oben, während die Verkleidung aus großen grauweißen Platten besteht, zu denen nur unter dem Dach oder um das Obergeschoß kleinere schwarze Platten kommen. Nicht zufällig erinnern jene an die Schieferdächer traditioneller Häuser und Kirchen der Region.

Schon auf dieser, eher kahlen und von horizontalen Fenstern bestimmten Seite, sind entscheidend die großen Balkone, mit denen viele Ecken aufgelöst sind. Direkt in der Ecke verlaufen dünne eckige Stützen, hinter denen große Flächen bis tief ins Gebäude schneiden. Die Geländer bestehen zur unteren Hälfte aus Beton und zur oberen aus Glas und Stahl, doch beidseits der Ecken sind in sie nach innen wie außen vorstehende lange Betonkästen, in denen große rechteckige Pflanzenwannen stehen, gesetzt. Schon hier kommt zum Grauweiß viel Transparenz und Grün, die die eckigen Baukörper weicher wirken lassen.

Auf der anderen Seite, die das Hochhaus über eine große Grünfläche der Bach-, Wiesen- und Waldlandschaft Richtung Bad Homburg zuwendet, entspricht den nach links abfallenden Obergeschossen eine leichte Staffelung der Fassade nach vorne, durch die immer links Verkleidung und Fenster und rechts offene Eckbalkone sind.

Von hier ist das Hochhaus eine geradezu gewellte lange Wand, auf der sich geschlossene und offene Teile, Grauweiß und Grün, abwechseln. Das Grün scheint von der Wiese über die großen Pflanzen in den Wannen vor den Balkonen bis hin zu den Dachterrassen emporzuwachsen, wo Gärten, Wälder fast, Haine, zu erahnen sind. Auch diese grüne Blätterkrone des Hochhauses war von Weitem und von der Eingangsseite zu erahnen, insbesondere ein anscheinend halboffener Bereich im Mittelteil mit einem langen Fensterband zwischen der schwarzen Verkleidung, aber erst von hier ist sie in voller Pracht zu sehen.

Dieses Gebäude am Rande von Friedrichsdorf bemüht sich um etwas, was für die fortschrittliche Wohnhausarchitektur seit Le Corbusier zentral war: die Balkone zu begrünen und von Gärten immer weniger unterscheidbar zu machen. So weit wie Alterlaa, die fortschrittlichste Wohnanlage überhaupt, geht es dabei nicht, aber es bestätitg eindrucksvoll, daß das Ziel das richtige ist. Vor allem zeigt es, daß es nötig ist, auf den Balkonen oder Terrassen möglichst große Bereiche für Pflanzen von der Architektur selbst vorzugeben.

Das zeigt der Vergleich zu den beiden niedrigeren Gebäuden, die die leicht abfallende Grünfläche links und rechts rahmen. Sie ähneln dem Hochhaus in den Formen, haben aber schmalere, längere Balkone und an diesen sogar schmale Simse, auf die von den Bewohnern selbst Blumenkästen gestellt werden müssen. Entsprechend seltener geschieht das und entsprechend kahler sind die Fassaden.

Ein regelrechtes Beet auf dem Balkon zu haben, regt offenbar an, es zu bepflanzen, während auf vorbereitete Stellen nur diejenigen Blumenkästen stellen werden, die das ohnehin tun würden. Architektur, die dem Menschen die Möglichkeit gibt und ihn sanft anregt, sich selbst einen besseren Ort zum Leben zu schaffen – was könnte fortschrittlicher sein?

Es ist schade, daß auch in Friedrichsdorf, das das seltene Glück hat, Wohnhochhäuser direkt im Zentrum haben, das beste hier am Rande steht, denn es hätte es recht eigentlich verdient, über die ganze Stadt zu blicken, von ihr gesehen zu werden und ihre besondere Tradition auf neue Art fortzuführen.