Charlerois Metro hat einen Ring um das Stadtzentrum und drei in verschiedene Richtungen hinausführende Zweiglinien, was vorbildlich und beeindruckend klingt, bevor man merkt, daß sie bloß mit Straßenbahnwagen und in nicht sehr dichtem Takt befahren wird. Dennoch ist sie für die Stadt wichtig und im Guten wie im Schlechten ihr Symbol. Ihre Existenz zeugt von Charlerois einstigem auf die Schwerindustrie gestütztem Reichtum, ihr heutiger Zustand zeugt von seinem beispielslosen Niedergang seit den Achtzigern, als die Arbeiten weitgehend eingestellt wurden, und von den hilflosen Versuchen, es zu retten, die immerhin dazu führten, daß vor zehn Jahren endlich der Zentrumsring geschlossen wurde.
Das Logo der Metro ist ein weißes M auf blauem Hintergrund, das wie ein Band bei den Spitzen umgefaltet ist und rechts breiter wird, fließend wie die Schals auf den warnenden Piktogrammen bei den Rolltreppen, und ausgesucht schön, obwohl sie es sich mit Brüssel, für das es vom Designer Jean-Paul Edmonds-Alt entworfen wurde, teilen muß.
Wo immer es ist, ist ein Stationseingang nicht weit und mit ihm das Gefühl von Großstadt. Wenigstens die Stationen sind meist unterirdisch, während die Strecken eher oberirdisch – mal auf Brücken, mal in Senken, mal neben der Stadtautobahn, mal, wie im Falle der nach Norden führenden M3, auf der Straße – verlaufen. Wo die Metro ist, da ist Charleroi.
In der Ville Haute (Oberen Stadt) bilden die Eingänge der Station Waterloo, in der das Logo und der Name in dicken hellblauen Blöcken vor den abgerundeten Glasdächern stehen, den Abschluß der zentralen Chaussée de Waterloo.
Neben dem Zentrum mischen sich die Brücken der Metro unter die der Stadtautobahn.
In der Industrielandschaft westlich der Sambre ist die aufgestützte Strecke einerseits gut an den in kleinen Abständen zueinander angebrachten vertikalen Betonplatten, die teilweise in der oberen Hälfte nach einem Kreis gelbe Metallverkleidung haben, zu erkennen, aber andererseits auch nicht ganz anders als die sonstigen Bahnstrecken und Förderbänder.
In Marchienne-au-Pont ist die Station neben dem Schloß und die Strecke schmiegt sich um den Park.
Aber außer den bestehenden Linien der Metro gibt es noch weitere, die geplant waren, und eine hinaus nach Montignies-sur-Sambre im Osten, die gebaut, aber nie in Betrieb genommen wurde. Östlich des Zentrums sieht man ihren Tunnel von der Station Waterloo kommend auf einer Brücke die Stadtautobahn überqueren.
Zwischen den Häuschen von Neuville verläuft die Trasse auf niedrigen Stützen und unter ihr sind Parkplätze.
Hier gibt es eine Station mit grünem Blech um das Bahnsteigdach und einem Aufgang, über dem nur der Name in der charakteristischen Schrift und das Metrologo fehlen.
Weiter draußen verläuft sie neben einem Autotunnel in einer Senke mit Betonmauern und eine Fußgängerbrücke führt über sie, während dort, wo Metros fahren sollten, dichte Bäume und Sträucher wachsen, eine Szenerie für einen postapokalyptischen Film.
Eine weitere Station ist nur angedeutet durch hohe annäherend dreieckige Betonwände mit achteckigen Öffnungen, die zur einen Seite geschwungen abfallen, aber die kurze flache Unterführung, die sie hätte erschließen sollen, ist noch immer die schnellste Verbindung zwischen zwei Vorortstraßen mit roten Backsteinhäusern.
Vielleicht wurde diese Linie nie gebraucht, vielleicht ist die gesamte Metro von Charleroi mehr, als die Stadt unbedingt braucht, vielleicht ist sie eine jener „grands travaux inutils“ (nutzlosen großen Baumaßnahmen), wie es in Belgien heißt. Doch das wäre eine reaktionäre Sicht. Die Metro von Charleroi ist vielmehr gerade deshalb so großartig. Sie ist ein Luxus, aber einer, den jede Stadt haben sollte.