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Erkundungen auf Friedhöfen: Waldfriedhof Oberlohberg Dinslaken

Da er unweit einer Autobahnausfahrt liegt und einen Parkplatz und Toiletten hat, ist der Waldfriedhof Oberlohberg in Dinslaken leicht als inoffizieller Rastplatz zu nutzen. Er liegt auch mitten in einem Wald, der aber nicht sehr alt oder natürlich wirkt. Lange bevor 1977 der Friedhof eröffnet wurde, sollten hier in den Zwanzigern weitere Schächte eines Steinkohlenbergwerks angelegt werden sollte, was nie über Vorarbeiten hinausging und doch Spuren hinterließ. So sehr liegt der Friedhof im Wald, daß man vom Parkplatz nur einen Blumenladen und eine hohe Bushaltestelle mit Rückwand und Flachdach aus rotgerahmtem Blech und Seitenwänden aus Glas sieht.

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Stellvertreter für den Friedhof ist ein breiter Weg mit grauem Betonpflaster und roten Querstreifen. Auf ihm gelangt man durch eine Grünfläche, die man fast, aber nicht ganz mit dem Wald verwechseln kann, zum Friedhofseingang, in dessen breitem niedrigem Tor bronzene Kreuzformen sind. Rechts davon ist das Eingangsgebäude, ein ganz typisches westdeutsches Kleinod der siebziger Jahre.

Es öffnet sich zum Weg mit einem großen, fast freischwebenden oder auf schmalen eckigen Holzstützen ruhenden Vordach, das aus einem dickeren unteren und einem dünneren, weiter überstehenden oberen Teil jeweils mit dunkler Holzverkleidung an den Seiten besteht.

Die Decken sind mit helleren Holzpanelen, die manchmal von quadratischen Leuchtflächen unterbrochen sind, verkleidet und auf dem Boden sind quadratische orangebraune Fließen. Im weiten überdachten Bereich ist viel kleiner das eigentliche Gebäude mit weißen Backsteinwänden und oben verlaufenden Glasbausteinbändern, in dem rechts, nach außen zur Grünfläche zeigend, Toiletten und links Räume für Trauernde sind. Hier trennt nur ein schmaler Gang diesen Teil von den weißen Backsteinwänden und bronzeverkleideten Türen der sogenannten Aussegnungshalle, deren mit dunklen Holzschindeln verkleidetes Pultdach nach links aus dem Flachdach aufwächst.

Auf der anderen Seite, nun schon auf dem Friedhofsgelände, obwohl auch hier um eine riesige Eiche nur sich verzweigende Wege und keine Gräber zu sehen sind, fällt die Halle leicht schräg ab, und hat unten zwischen dunklen Holzstützen eine große Glasfläche. Erst hier leistet sich das Gebäude ein wenig Schmuck, indem zwischen den beiden Scheiben der Glasfläche Muster aus kristallartigen länglichen Glasstücken sind, die einerseits abstrakt, andererseits als Bäumen, Blumen, gläserne Vegetation neben der von außen gespiegelten, verstanden werden können.

Auch in den gläsernen Griffen der Glastüren sind Muster aus stiftartigen eckigen Glasstücken, die als kleinere Quadrate deren quadratische Form aufgreifen.

Vorher aber geht der Gang zwischen der Aussegnungshalle und den anderen Räumen geradeaus noch weiter und verläuft nach dem Ende des Flachdachs unter einem separaten, etwas niedrigeren Dach, das seitlich von dünnen eckigen Stahlstützen getragen wird, zur Aufbahrungshalle.

Links ist eine bloße Betonwand zur Abtrennung vom Friedhof, die aber durch den Kontrast zum sonst vorherrschenden weißen Backstein fast skulptural wirkt, das Gangdach in der Mitte ist mit den Holzpanelen und Leuchtflächen seiner Decke Fortführung des großen Dachs, aber zusätzlich dadurch, daß sie quer statt längs angeordnet sind, von ihm unterschieden, und von rechts fließt mit efeubedecktem Boden und einigen kleinen Bäumchen die Grünfläche, die ihrerseits schon domestizierter Wald war, zwischen die Gebäudeteile.

Dieser stille kleine Garten, nicht das auffällige Dach oder die Glasmuster der Aussegnungshalle, ist der Höhepunkt des Eingangsgebäudes des Dinslakener Waldfriedhofs. Orte gänzlich in der Architektur aufgehobener Natur wie dieser gelangen dem westdeutschen Sozialstaat oft, hier konnte seine ostentative Zurückhaltung und Dezenz am leichtesten üppige Schönheit werden. Orte wie diese wurden auch als erstes zerstört, als kein Geld zu ihrem Unterhalt mehr vorhanden war. Es ist daher gut, daß der der Waldfriedhof Oberlohberg so abseits liegt und ein nur inoffizieller Rastplatz ist.