Die Kościół Św. Brigidy (Brigittenkirche) kann man beim Gang durch die älteren Teile von Gdańsk leicht übersehen, da sie zwar unweit der zentralen Ulica Rajska (Paradiesstraße) steht, aber direkt hinter der weit größeren Kościół Św. Katarzyny (Katharinenkirche) steht. Während diese wie viele andere Gdańsker Kirchen das Bedürfnis nach monumentaler Backsteingotik eher übererfüllt, ist die Brigittenkirche bescheidener. An ihrem dennoch stattlichen backsteinernen Baukörper kann man typische Aspekte der örtlichen Gotik besonders gut ablesen. Dabei hilft, daß sie, anders als viele ihrer Schwestern, viel Platz um sich hat und man sie recht gut in ihrer Gesamtheit erfassen kann.
Der Platz ist weitgehend Parkplatz, aber direkt vor der Kirche ist Pflaster in großem Schachbrettmuster, das auf Wegen durch den Parkplatz und zur Grünanlage an den Straßen Mniszki und Stolarska strukturierend in die weitere Umgebung ausgreift.
Auf dem schlichten Bau mit den großen und breiten spitzbögigen Fenstern sitzen drei Satteldächer, die an den Schmalseiten mit je drei Giebeln enden. Diesen bleibt es, neben dem ornamentalen Band über den Fenstern, überlassen, für Repräsentation und Schmuck zu sorgen. Das tun sie mit allerlei Bögen und Öffnungen in von schlanken Pfeilern gegliederten Treppenformen, die bei jedem Giebel leicht variiert sind. An der Ostseite, zur Ulica Mniszki hin, ist vor den mittleren Giebel, aber nicht direkt in die Mitte, ein niedrigerer Eingangsbau gesetzt, der einen eigenen, noch etwas prunkvolleren Giebel hat.
An der Westseite ist der mittlere Teil als Chor über die seitlichen Teile weitergeführt, so daß sich an den Ecken kleine Freiräume bilden und man die drei Giebel nie nebeneinander sehen kann. Der des Chors ist durch eine kleine Haube noch zusätzlich betont. Zudem hat der Chor zwischen den Fenstern vorgesetzte Strebepfeiler, bleibt aber doch wie die gesamte Kirche eine einfache rechteckige Halle, ohne die sonst oft typische Rundung.
Fast scheint die Architektur der Kirche näher an profanen als an sakralen Bauten. Wenn man nur die Giebel der Ostseite sieht, könnte man auch meinen, es mit Bürgerhäusern zu tun zu haben. Wie ein Ausschnitt aus einer Stadtsilhouette scheint es, wenn links des linken Giebels ein ferner Turm mit großer barocker Kupferhaube steht.
Aber der Turm ist nicht fern, sondern Teil der Kirche, direkt hinter dem Gieibel. In das Dach gesetzt ist er er ein fast würfelförmiger Aufbau mit drei Geschossen. In jedem kleine Fenster, erst rund-, dann spitzbögig, und kleine Pilaster. Abschließend die geschwungen in einem offenen Teil ansteigende und schlank auslaufende Haube.
Dieser Turm gehört in eine andere Welt. Er ist ein Werk der Renaissance, das sich selbstbewußt auf den gotischen Körper der Kirche gesetzt hat. Der Kontrast ist enorm: unten das dunkle Rot des Backsteins, oben gelber Putz und weiße Pilaster. Hier die verschachtelten ahistorischen Ornamente der Gotik, dort die auf die Antike zurückweisende, wenn auch nicht klar dorische Abfolge der Pilaster. Und ist dieser Bauteil überhaupt ein Turm? Besonders hoch ist er nicht. Und gehört er wirklich zur Kirche? Eher wirkt es, als sei ein zierliches Schloß in eine rohe rote Felsenlandschaft gesetzt worden. Äußerst anschaulich jedenfalls sieht man hier den Fortschritt, den die Renaissance gegenüber der Gotik bedeutete. Die Renaissance erhebt sich hier im wahrsten Sinne über die Gotik. Dem Barock blieb es da nur, mit der Haube einen letzten Akzent zu setzen.