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Genosse Antonín Zápotocký in Zákolany

Zákolany ist ein Industriedorf und es kann das auch heute trotz seiner Lage in idyllischster Hügellandschaft nordwestlich von Prag nicht verhehlen. Man merkt es daran, wie es mit den Nachbarorten zu einer Art Agglomeration verwächst. Man merkt es an den beiden sich hier kreuzenden Eisenbahnlinien.

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Und man merkt es selbstverständlich an den nunmehr sinnlosen Schornsteinen und verfallenden oder dürftig umgenutzten Fabrikhallen.

Ungeschickt verstecken aber wollte Zákolany seine Industrie vielleicht schon in deren Blütezeit.

Ein großes Fabrikareal in Richtung Koleč wendet dem Ort ein dreigeschossiges Gebäude zu, das sich kaum von einem historistischen Prager Mietshaus unterschiede, wenn es nicht in der Mitte auffällige große Tore hätte und links Gleise dahinter führten.

So blickt man in dem, was man das Zentrum des Orts nennen könnte, zur einen Seite zu diesem Gebäude, während die andere mehr als von der Schule von einem großen Wohngebäude aus der ersten Republik dominiert wird.

Es steht hinter einem Garten, ohne dadurch regelrecht zur Villa zu werden, und mehrere Garagen rechts verraten eine hinter ihm versteckte gewerbliche oder industrielle Funktion. Eine Gedenktafel an einem vorderen Erker erzählt vom hundertjährigen Wirken der Familie Duda, die vielleicht einen nicht untypischen Aufstieg von Handwerkern zu Kapitalisten erlebt hatte, und es erstaunt, daß sie dort seit 1935 unbehelligt hängt.

Denn daß die Geschichte in der Zwischenzeit eine Wendung genommen hatte, in der für Kapitalistenfamilien kein Platz mehr war, ist im Zentrum von Zákolany noch heute unübersehbar: in einer Grünanlage neben der Straße steht ein Denkmal für Antonín Zápotocký.

Seine bronzene, etwas überlebensgroße Figur steht in unpathetischer Rednerpose, den Kopf leicht gesenkt, den einen Arm in die Hüfte gestützt, den anderen angewinkelt mit der Hand neben dem Oberkörper, auf einem mit grauen Stein verkleideten Sockel, an den unten eine sich verbreiternde und abflachende schmale dreieckige Fläche mit schwarzer Steinverkleidung anschließt. Ein Name ist nirgends auf dem Denkmal zu finden, doch gerade das ist ein deutlicher Hinweis darauf, daß es sich um eine heute mißliebige Person handeln muß, und eine Informationstafel in der Nähe bestätigt weit hinten im Text, daß es Zápotocký, den zweiten kommunistischen Präsidenten der Tschechoslowakei, zeigt. Er wurde hier geboren und war, wie schon sein Vater Ladislav, Gewerkschaftsfunktionär in der nahen Industriestadt Kladno, bevor er gegen Ende seines Lebens und nur kurz (1953 bis 1957) das höchste Staatsamt innehatte. In Kladno stand auch das Original des Denkmals, das aber bereits lange entfernt ist. Ob Zákolany auf seine Geschichte noch immer stolzer ist oder ob die Herrschenden schlichtweg davon ausgehen, daß Zápotocký hier niemand beachtet, weiß man nicht.

Und so schön es ist, den kommunistischen Politiker hier noch immer geehrt zu finden, bleibt leider festzuhalten, daß das Denkmal nicht besonders gut ist. Eine Bronzestatue auf einem Sockel, ja, so sehen Politikerdenkmäler eben aus, aber sie sahen so aus, seit es sie gibt, und sie sehen systemunabhängig so aus. Der sozialistischen Kunst darf das nicht genug sein. Schon, wie etwa Imre Varga in Ungarn, den Sockel fortzulassen, ist ein wichtiger Schritt und welche Möglichkeiten es noch gibt, zeigt etwa das vielgestaltige Denkmal, daß die DDR ihrem ersten und einzigen Präsidenten Wilhelm Pieck in dessen Geburtsstadt Guben baute. Antonín Zápotocký hätte mehr verdient.

Immerhin der Standort des Denkmals ist gut gewählt. Hinter der Grünanlage schlängelt sich ein Bach, was zu seinem Namen (wörtlich etwa Hinterbächler) paßt, und er blickt auf den vorne verglasten Flachbau einer Filiale von Jednota Kladno, was die Konsumgenossenschaft, der er gewiß schon in der kapitalistischen Zeit angehörte, mit der Architektur des sozialistischen Staats, den er prägte, verbindet.

Ist das Denkmal auch nicht so gut, wie es sein müßte, Genosse Zápotocký gehört nach Zákolany, in dieses idyllische Industriedorf.