Archiv der Kategorie: Beeckestijn

Kunst in Beeckestijn

Wie das Schloß Beeckestijn nur den notwendigsten Schmuck hat, so gibt es auch seinem Park nur wenige Kunstwerke, von denen noch weniger zu sagen ist, ob sie notwendig sind.

Auf der Plattform, wo von der zentralen Allee die zwei schrägen Alleen abzweigen, ist ein Relief eines dreizehigen Möwenfußes in einer runden Steinplatte als ein hübscher neuerer künstlerischer Kommentar, der die barocke Wegstruktur des  Parks mit dem nicht nur an der nahen Küste allgegenwärtigen, aber im Park seltenen Vogel verbindet.

(Bilder zum Vergrößern anklicken)

An der zentralen Allee stehen erst kurz vor dem Schloß links und rechts vier weiße Skulpturen auf niedrigen Sockeln.

Es sind eher leblose Allegorien oder Götter, obwohl nett ist, wie die erste rechts ihren Fuß auf der Pfote des zwischen ihren Beinen sitzenden Löwen hat und den Turm in ihrer Hand auf seinem Hintern abstützt.

Diese Werke von Artus Quellinus dem Älteren stammen ursprünglich nicht aus Beeckestijn und dem Park würde ohne sie nichts fehlen.

Hinter dem Gebäude rechts des Vorplatzes, in dem heute ein Restaurant ist, erstreckt sich ein Kräutergarten, ein Nutzgarten, hinter dem linken, in dem heute Ausstellungen sind, hingegen ein Lustgarten.

Ein zugewachsener Laubengang trennt die geometrischen Beete seiner länglichen Fläche vom Park, wohin der Bewuchs allerdings absichtlich durchlässiger gehalten ist, in der Mitte ist ein Becken mit Springbrunnen und am Ende steht eine weiße Doppelskulptur, die Vulkan, der Venus neben sich hochhebt, während Amor danebensteht, zeigt. Sie ist wiederum ein Werk von Quellinus und wirkt trotz des Motivs so statisch wie die anderen.

Welchem Zweck dieser Garten dient, ist jedoch offensichtlich und wenn auf der zwischen Büschen versteckten Bank bei der Skulptur ein migrantisches Paar rummacht, hat es ihn instinktiv gut erkannt.

Am meisten über die Welt, aber auch über sich, erzählt Beeckestijn schließlich auf zwei Vasen, die auf eckigen Sockeln links und rechts in den Ecken der Wiesen vor seiner Hofseite stehen, prominent und doch leicht zu übersehen, da sie eher grau zu all dem Weiß und Grün sind. Neben den üblichen antikisierenden Ornamenten sind sie jeweils von Reliefs mit überraschend realistischen Szenen umlaufen.

Auf der rechten Vase zeigen sie Arbeiter an Webstühlen

und, abgegrenzt von einem halben Vorhang, einen Mann mit weiten Hosen und Perücke, der, Chef oder Kunde, nach rechts zeigt,

wo vor Regalen mit Tuchrollen ein Angestellter an einem Tisch mit einer Waage sitzt und ein anderen etwas auf einem anderen Tisch ausbreitet.

Auf der linken Vase ist das Gezeigte unklarer: zwei Arbeiter sitzen an Tischen, auf denen längliche Stäbe turmartig aufgeschichtet sind, einer davon mit Hammer in der Hand und neben dem Tisch hängender Sanduhr,

ein Arbeiter steht vor einem ähnlichen Tisch,

zwei weitere hängen längliche Stäbe, die aber größer wirken, auf.

Auch diese Vasen stammen nicht ursprünglich aus Beeckestijn, sondern vom nicht mehr bestehenden Landsitz eines Textilunternehmers des frühen 18. Jahrhunderts, aber sie passen hierher, denn wiewohl allen feudalen Ansprüchen genügend, ist es eine frühbürgerliche Anlage. Erst dank den Reliefs erahnt man die Welt außerhalb des Parks. Die hier zusammengetragene Kunst zeigt somit zwei Pole des niederländischen Barock: ein leerer Bezug auf die Antike und ein Realismus, der von der Industrie, dank denen Schloß und Park existieren, erzählt.

Beeckestijn ist ein sehr niederländisches Schloß.

Beeckestijn

Beeckestijn ist ein kleines Schloß und ein großer Park.

Nach vorne wird es allen Repräsentationsanforderungen eines barocken Schlosses gerecht, obwohl dort heute nur eine große Straße und Autobahnen sind und auch früher nie viel mehr; es war ein Landsitz am seither lange trockengelegten Wijkermeer (Wijkersee), der per Schiff gut mit dem knapp zwanzig Kilometer entfernten Amsterdam verbunden war.

In der braunen Backsteinmauer sind zwei kleine Wachhäuschen mit Satteldach, aber nicht ganz gleichmäßig beidseits des Tors, dessen Pfosten geschwungen zu weißen reich ornamentieren Vasen ansteigen. Der Vorplatz ist nicht zu groß und nicht zu klein, weiße Kieselflächen umgeben eine ovale Senke in der Wiese, wo eine Metallsonnenuhr steht. Links und rechts sind quer zwei weiße Gebäude mit einem hohen Geschoß und drei Dachgauben im Walmdach.

(Bilder zum Vergrößern anklicken)

Das eigentliche Schloß ist ebenfalls weiß und hat zwei Geschosse mit großen Fensterflächen, deren Glas sich in kleinere Quadrate aufteilt. Die Seitenteile sind leicht vorgesetzt und ihre Ecken mit imitierten Steinquadern besonders betont, während um den gar nicht großen Eingang in der Mitte Pilaster aus entsprechenden Quadern und darüber innerhalb von Voluten und floralen Ornamenten in verschlungenen goldenen Buchstaben der Name „Beeckestÿn“ und ein Wappen, das zur Hälfte aus drei goldenen Schuhen auf rotem Grund und zur anderen aus drei weißen Sternen und einem weißen Horn auf blauem Grund besteht, sind.

Vor dem auf einem Kranzgesims leicht überstehenden Walmdach ist in der Mitte um eine Uhr ein Giebel, der dreieckig wäre, wenn er sich nicht völlig in Palmwedel- und Volutenornamente mit zwei Engelchen an den Seiten und einem bärtigen Männertorso auf der Spitze auflöste. An den Seiten des Dachfirsts sind rotbacksteinerne Schornsteine mit spitzen kleinen Dächern und in der Mitte eine offene Laube mit dünnen Säulchen, die die Figur auf der Giebelspitze rahmt.

Das alles ist leicht und offen mit Schmuck nur da, wo er unbedingt sein muß und eine Wirkung haben kann, aber bildet unverkennbar einen barocken Ehrenhof.

Da Schloß Beeckestijn (das ÿ ist eine Zusammenziehung von i und j in der älteren niederländischen Rechtschreibung) nur klein ist, sind zu allen Seiten schon die hohen Bäume seines Parks zu sehen. Zu diesem hin, nach hinten, zeigt es sich deutlich anders oder lange auch einfach gar nicht.

Noch bevor der Park ein Park ist, ist er ein Wald, heute durchzogen von vielen kleinen Wander- und Reitwegen, der sich scheinbar zufällig zu Räumen wie einer enormen doppelten Eichenallee ordnet. Man kann in ihn durchaus zufällig geraten kann, weil nördlich mit Velsen Zuid und IJmuiden nähere Orte sind als östlich vorm Schloß.

Auch die zentrale Allee, die auf das Schloß, einen weißen Fleck in der Ferne, zuführt, zweigt wie beiläufig von einer offenen Wiese ab. Eine über einigen Stufen zu betretende Plattform an ihrem Anfang hat keinen anderen Zweck, als die Blicke sie und zwei schräg abzweigende Nebenalleen entlang zu fokussieren und eigentlich müßte hier das Schloß stehen.

Mit der langen Lindenallee hat der Park unzweifelhaft begonnen, aber lange noch ist außer Weiß nichts vom Schloß zu sehen.

Auf halbem Wege wird sie von einem länglichen Becken aus runden und eckigen Teilen mit Fontäne, um das einige Steinbänke stehen, durchschnitten. Nun nimmt das Schloß nach und nach Gestalt an, aber viel ist dort einfach nicht.

Die Parkseite von Beeckestijn hat keinerlei Schmuck und die seitlichen Teile sind mit ihren größeren Fenstern nur leicht vorgesetzt und durch die leichten Schrägen, Dachgauben und Schornsteine der quergesetzten Walmdächer nur leicht betont, während die Fenster zum mittigen Eingang schmaler werden und oben ein gerades Walmdach verläuft. Es ist eine Fassade, die kaum als die eines Schlosses verstanden würde, wenn nicht die Umgebung wäre, wie sie ist. Doch zudem ist die Parkseite nicht symmetrisch: rechts neben dem Beschriebenen ist ein weiterer Teil, der von den Fenstern bis zum Dach den Seitenteilen entspricht. Was man am Ende der Allee sieht, ist also nicht das ganze Schloß.

Diese kleine, aber bedeutende Unregelmäßigkeit, durch die Hof- und Parkseite unterschiedliche Mitten haben, dieser gut versteckte, aber unübersehbare Bruch, paßt gut zu Beeckestijn, in dem der Barock so reduziert und vereinfacht und das Schloß nunmehr Nebensache im Park ist. Nicht die Allee schließt falsch an das Schloß an, sondern das Schloß falsch an die Allee, diese bestimmt, nicht jenes.

Beeckestijn ist mehr Park als Schloß.