Rom hat viele Kirche, große und kleine, solche, die um sich einen Raum schaffen wollen und solche, die im Chaos der Stadt untergehen. Die Kirche Santa Maria in Trivio etwa wird von der Stadt sogar gleichsam verschluckt. Da wächst ein nebenstehendes Gebäude, ein Kloster vielleicht, einfach mit zwei weiteren Geschossen über ihren barocken Giebel.
Was hier ungeordet geschieht, ist bei der Kirche del Santissimo Sacramento geplant: Wohngebäude und Kirche sind eine architektonische Einheit.
Auf der schmalen Fläche zwischen Via del Mortaro und Via del Tritone stehend, wendet sie der Piazza Poli ihre Fassade zu. Im größeren rechten Teil ist die Kirche. Ihre barocke Fassade ist unten leicht gewellt, um den Eingang sind Säulen, die einen gebrochenen Giebel mit zwei Skulpturen tragen, oben sind große Fenster, die sich über dem Eingang leicht einwölben, den Abschluß bildet ein ganz kleiner Giebel in umgedrehter Herzform. Im kleineren linken Teil sind die fünf Geschosse des Wohngebäudes mit typischen barocken Steinrahmen auf einer Putzfläche. Entscheidend sind das durchgehende Dachfirst und die gemeinsamen Kapitelle, die die Kirche und das Wohngebäude trotz ihrer Verschiedenheit zu einer Einheit machen.
Über dem Eingang des Wohngebäudes zeigt ein Relief einen Pelikan, der seine Jungen mit seinem eigenen Herzen füttert – eines der faszinierendsten christlichen Symbole.
Es steht für die Sakramente, deren Schutz sich auch die Bruderschaft, der die Kirche gehörte, widmete. Entstanden ist es aus falsch verstandener Naturbeobachtung; tatsächlich hält der Pelikan beim Füttern den Schnabel vor den Oberkörper und läßt seine Jungen daraus essen.
Im Inneren ist die Kirche ein ganz kleiner, aber hoher Raum, der oben von einer Kuppel und einem Oberlicht beschlossen wird. Die Wandbilder zwischen Pilastern mit goldenen korinthischen Kapitellen sind ein etwas lebloser Klassizismus aus dem 19. Jahrhundert, auch die Pelikanszene kommt wieder vor. Ganz oben in der Kuppel ist in goldenen Strahlen und im einfallenden Licht der Heilige Geist als Taube.
In diesem Innenraum ist von Rom nichts mehr zu spüren.
Überhaupt wirken Kirche und Wohngebäude wie ein vorgefertigtes Modul, das ebensogut wie in Rom auch überall sonst abgestellt werden könnte.
Es steht mitten in der Stadt, hat aber nichts mit ihr zu tun. Es bemüht sich um Ordnung, nicht indem es die Stadt ändert, was auch aussichtslos wäre, sondern indem es sich auf sich selbst beschränkt und die Stadt resigniert Chaos sein läßt. Damit ist die Chiesa del Sacrissimo Sacramento ein vielleicht nicht speziell römisches, aber sehr vielsagendes Beispiel katholischer Architektur, Symbol einer weltumspannenden Sendung.