Wohnpark Alterlaa

Er ist die Skyline des Wiener Südwestens. Dort, wo die Vororte schon lange still ins Umland hineinfließen, reckt sich der Wohnpark Alterlaa gen Himmel und kündet davon, was Stadt sein könnte.

AlterlaaSkyline

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Seine Formen sind schon von weither unverkennbar und simpel. Die bloßen, mit vertikal geriffeltem weißen Blech verkleideten Schmalseiten sind nicht mehr als zwei im sanften Schwung zueinander aufsteigende und dann parallel verlaufende Linien, die Form eines umgedrehten Cocktailglases oder des Ještěd.

AlterlaaSeite

Die Breitseiten bestehen aus einem unteren Teil, der dreizehn Geschosse in Terrassen aufsteigt, und einem oberen Teil, der neun oder dreizehn weitere Geschosse hat.

Es ist der untere Teil, der schon auf den ersten Blick das Großartige am Wohnpark Alterlaa erkennen läßt.

AlterlaaBalkone

Geschwungene weiße Wände, die den Schmalseiten entsprechen, trennen die Balkone der Wohnungen voneinander und sind das einzig Vertikale, was man sieht. Aber zuerst sieht man Grün, das aus Beeten in vor den Balkonen aufgehängten Kunststoffwannen sprießt. Alle Arten von meist immergrünen Sträuchern und Bäumen, manchmal auch Kletterpflanzen, lösen den unteren Teil in hängende Gärten auf. Der obere Teil ist mit weißen Platten verkleidet und besteht aus normalen Wohnungen zwischen den vertikalen Linien. Eine jede besteht aus einem geraden und einem schräg vorragenden Teil, so daß eine Wellenstruktur entsteht, deren Bewegung noch dadurch unterstützt wird, daß die nebeneinanderliegenden Wohnungen abwechselnd Fensterbänder und Loggien haben. Nur bei den Eingängen ist diese Struktur unterbrochen. Hier sind die halbrund endenden Trakte mit den Aufzügen und Treppen, weit zurückgesetzt, aber höher geführt und braun verkleidet. Auf den Flachdächern sind noch weitere Penthousewohnungen und aufgestützte Sonnenterrassen mit Schwimmbecken.

Angeordnet sind diese mit wenig zu vergleichenden Gebäude auf die einfachste und effizienteste Weise, die die fortschrittliche Architektur entwickelt hat: in Zeilenbebauung. Andernorts zur Erbauungszeit (1973 bis 1985) zurecht schon als potentiell monoton überwunden, zeigt sie bei den riesigen Gebäuden des Wohnparks, was sie kann. Die Blöcke A, B und C des Wohnparks sind also streng parallel zueinander angeordnet. Da sie aber quer zum Schwung der Anton-Baumgartner-Straße stehen, beginnen und enden sie nicht auf derselben Höhe. Zudem sind die einzelnen Blöcke eigentlich sechs in sich stark differenzierte Gebäude. Der Grundtyp hat zwei Aufzugstrakte, die einen längeren Mittelteil und zwei kürzere Seitenteile separieren. So beginnt Block A an der Straße 26-geschossig, wird dann beim Seitenteil 22-geschossig und bleibt es beim zweiten Gebäude. Block B hingegen beginnt mit einem 22-geschossigen Gebäude, das aus nur einem Aufzugstrakt und zwei kurzen Teilen besteht und so fast wie ein Punkthaus wirkt, und setzt sich fort mit einem drei Aufzugstrakte und zwei Mittelteile umfassenden Gebäude, das zur einen Hälfte 26- und zur anderen 22-geschossig ist. Block C entspricht Block A, doch hier ist das erste Gebäude durchgängig 26 und das zweite Gebäude durchgängig 22 Geschosse hoch.

Zwischen diesen Blöcken sind die beiden Parks, die dem Wohnpark seinen Namen geben.

AlterlaaPark

Tiefer noch als die ersten Geschosse gelegen und mit welligen Wiesen, geschwungenen Wegen und vielen Sitz- und Spielmöglichkeiten gestaltet, kann man sie auch als Täler zwischen den Bergen der Gebäude begreifen. Alles ist ruhig und friedlich wie vielleicht in einem abgelegenen Alpental vor Ankunft der Autos.

AlterlaaTal

Sanft und grün steigen diese Berge um einen an, um erst hoch oben zerklüftet und grau zu werden. Doch es sind menschengemachte Berge. Vom Tal in die Gipfel führt deutlich sichtbar der Aufzugstrakt. Im Inneren sind großzügige Foyers mit Bildern österreichischer Künstler sowie Saunen, Schwimmbäder und die verschiedensten Gemeinschaftsräume.

FoyerAlterlaa

Oben erwartet einen nicht eisiger Tod, sondern Terrassen mit Schwimmbecken, von denen man weit über die Stadt und zu anderen Bergen schauen kann.

AlterlaaPool

Die Innenstadt ist weit, aber die in Tiefgaragen unter den Gebäuden und Parks verbannten Autos und die U-Bahn schaffen eine schnelle Verbindung.

AlterlaaU-Bahn

Die Station Alterlaa der U6, die hier als Hochbahn fährt, ist beim Anfang von Block A.

Und ein wenig Stadt hat auch der Wohnpark selbst. Während die Wohngebäude und Parks sich quer zur Straße und von dieser fort erstrecken, sind die gesellschaftlichen Einrichtungen entlang von ihr, aber genauso losgelöst, angeordnet. Von der U-Bahn tritt man direkt in den Einkaufsbereich, sinnigerweise Kaufpark genannt. Man ist hier schon ein Geschoß über der Straße, merkt das aber nicht. Die Gebäude des Kaufparks wie der anderen Einrichtungen haben funktionale kubische Gebäude, weiße Verkleidung, die manchmal von vertikalen braunen Streifen unterbrochen ist, und braungerahmte Fensterbänder, doch auch das merkt man kaum. Man betritt nun entweder den inneren Einkaufsbereich oder geht unter Kolonnaden oberhalb der Straße an ihm vorbei. Das Innere öffnet sich bald mit einem Lichthof zum umlaufenden Obergeschoß. An der Decke ist ein weißes Quadratraster, durch das entweder Neonröhren oder die Sonne scheinen. Es folgt ein offener Einkaufsbreich, pavillonartige Läden unter einem durchgängigen Dach, in den Obergeschossen Arztpraxen und eine Bibliothek. Das Herz dieses Bereichs ist ein offener rechteckiger Platz, um den Kolonnaden aus gelben Stützen und milchigen Kunststoffdächern sind.

AlterlaaPlatz

Zwei Bäumen stehen hier wie als Stellvertreter des Parks und man schaut hinauf zu den Blöcken A und B. Auch eine Schule hat an diesem Platz einen Eingang und greift dann mit Höfen und einer großen runden Sporthalle bis weit in den Park aus.

Durch Block B führt ein Durchgang, von dem man eine weitere Schule erreicht.

AlterlaaDurchgang

Er ist vielleicht absichtlich kahl gehalten und nur von Oberlichtern erhellt, um das weite Panorama des zweiten Parks umso wirkungsvoller zu machen. Die Dominante ist hier der Kirchturm, der auch eine buddhistische Stupa sein könnte. Ergänzt werden die gesellschaftlichen Einrichtungen noch durch Tennishallen in den Zwischenräumen der Blöcke A und C und durch Kindergärten beidseits von Block A und bei der Kirche.

AlterlaaZentralerBereich

Der Wohnpark Alterlaa ist so etwas wie der große Bruder des Heinz Nittel-Hofs. Wohnen, Freizeit, Schule, Einkauf sind in ihm auf gelungenste Art verbunden. Die einzelnen Funktionen fließen ineinander, ohne einander aber je zu stören. In den Parks ahnt man nichts vom geschäftigen Treiben des Einkaufszentrums und kann doch binnen weniger Minuten dort sein. Und über allem thronen die Wohnungen. Doch wo der Heinz Nittel-Hof mit seiner Umgebung so eng verbunden ist, steht der Wohnpark ganz für sich. Die umliegende Stadt hat ihm auch nichts zu bieten, sie ist ja kaum mehr Stadt und er so stark. Das Beste seiner Umgbung, etwa den direkt hinter dem Ende von Block A vorbeifließenden Liesingbach oder die Osramgründe, die seine Parks jenseits von Block C fortsetzen, nimmt er selbstverständlich gerne auf, aber all die neueren Wohnanlagen wirken so lächerlich klein und alt neben ihm. So bleibt der Wohnpark Alterlaa auch von einer gewissen Melancholie erfüllt: die Stadt, die Welt, von der er kündet und in die er gehörte, wurde nie gebaut.