Traumhäuser

Niemals will ich in einem Einfamilienhaus leben. Die Ablehnung dieser kleinbürgerlichen Wohnform ist eine meiner architektonischen Grundüberzeugungen. Aber wenn ich müßte, dann wollte ich als mein Einfamilienhaus etwas wie dieses:

BreitenseerStraßeMaroltingergasse

(Bilder zum Vergrößern anklicken)

Ein kleines vorstädtische Mietshaus an der Bushaltestelle, verloren an der Grenze von 14. und 16. Bezirk zwischen der großen Maroltingergasse, einem Hofer-Supermarkt und enormen Kasernenanlagen, die langsam verfallen. Es ist so ein Haus, wie man es in jeder im 19. Jahrhundert großgewordenen Stadt findet, es ist versinnbildlichte Vorstadt, Banlieue. Nicht zufällig findet man es im vielleicht besten Comic über Architektur und Starkult, „Dolores“ von Anne Baltus und François Schuiten und Benoît Peeters, wieder und so regengrau wie dort sollte der Himmel darüber immer sein.

Aus Baltus, Anne/Schuiten, François/Peeters, Benoît: Dolores, Tournai 1991

Aus Baltus, Anne/Schuiten, François/Peeters, Benoît: Dolores, Tournai 1991

Es ist ein Haus für das Aufgeben, für die Resignation, fürs Exil, ein Ort, vor dem niemals das Auto einer Schauspielerin eine Panne haben wird.

Ein Haus fürs Leben aber, ein Ferienhaus, eine Datsche wie ich sie für ein paar Sommertage mit Freunden durchaus nicht ungern hätte, sollte aussehen wie dieses in Eckartsberg bei Zittau:

HausEckartsberg

Dank an Paul Lamplugh für dieses und das folgende Bild

Ein ganz simpler kleiner Bau, perfekt in den Hang gesetzt, so daß er von unten zweigeschossig, von oben flach ist. Es besteht eigentlich nur aus der großen Terrasse um das zweite Geschoß, nur wie ergänzend kommen die gemusterte Glasbetonwand rechts vorm Erdgeschoß, die sich in der Terrassenbrüstung verändert fortsetzt, und der abgesetzte rotbatbacksteinerne Kamin links hinzu. Selbst an der Inneneinrichtung der ganz nach außen gerichteten Räume müßte nichts verändert werden.

EckartsbergInnen

Gemein ist beiden Häusern nur, daß sie so leicht zu übersehen sind. Die Datsche steht verlassen auf dem Gelände einer riesigen historistischen Villa, deren westdeutsche Hausherrin sie niemals wirklich sehen können wird und nur zu sagen wußte, sie habe der „Stasi“ gehört. Ob das stimmt, ist schwer zu sagen, aber wenn sie einst Tschekisten zur Sommerfrische gedient hätte, machte sie das nur noch schöner.

Doch wirkliche, realere Träume sind in Wohnungen besser aufgehoben.

2 Gedanken zu „Traumhäuser

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