Quito in Europa

Mit seinen barocken Kirchen wirkt Quito spanisch, aber in vielen Straßen ist der Eindruck allgemeiner, nördlicher europäisch, da die klassizistischen und historistischen Fassaden, die, oft mit älteren Portalen aus grauen Steinquadern, vorherrschen, selten die für Spanien typischen bis zum Boden reichenden Fenster mit ornamentalen Gitterbrüstungen haben. Die Unabhängigkeit im frühen 19. Jahrhundert bedeutete für Ecuador offenbar eine subtile, aber deutliche architektonische Divergenz.

So kommt es, daß man in der Junín (Junín-Straße), der noch dazu leicht geschwungen verlaufenden schmalen Hauptstraße des Vororts San Marcos, zwischen meist zweigeschossigen Häusern mit historistischen Putzfassaden und wenigen höheren Mietshäusern das Gefühl haben kann, in einer tschechischen Kleinstadt zu sein – daß die im Hintergrund zu sehenden Berge dort 700, hier 3700 Meter hoch sind, ändert daran nichts, denn erlebbare Höhenunterschiede sind wichtiger als abstrakte Gesamtwerte.

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Noch ein neueres weißes Gebäude mit vorstehenden Geschoßböden, großen Fenstern, halb hinter vertikalen weißen Streifen und Glasbausteinen, halb hinter Glas verborgenem mittigem Treppenhaus und Dachterrassen beidseits des schmäleren obersten Geschosses könnte ebensogut aus der tschechoslowakischen Architektur der dreißiger Jahre stammen.

Nur ein erhaltenes älteres Haus mit einem einzigen Geschoß und schmucklos weißem Putz, das noch näher an der Straße steht, weist in eine Vergangenheit, die deutlich anders als in Tschechien, spanischer, wenn nicht unbedingt amerikanischer, ist.